10 Tage unterwegs und dabei 170 Seemeilen in die richtige Richtung gefahren. Und das meiste davon sogar noch unter Motor.
Als ich Roman letzten Samstag (vor 10 Tagen) sagte, dass wir für die 300 Seemeilen bis Florianopolis mit einigen Stops ca. 2 Wochen unterwegs wären, hatte ich schon gedacht, dass ich da reichlich Puffer eingebaut hätte. Dass es aber so mies laufen würde, hätte ich nie geglaubt. Eine kleine Ausnahme war gestern… Gestern fuhren wir den ganzen Tag unter Motor auf die Ilha Comprimida, eine schmale lange Insel mit einer kleinen Einfahrt zwischen Festland und Insel, zu. Der Wind hatte ca. 1 Stunde vor der errechneten Ankunft eingesetzt, aber natürlich genau auf die Nase. Da konnten wir die Segel getrost eingepackt lassen. Dann sahen wir die Brandung vor der Insel aus dem Regendunst auftauchen. Und wir hörten sie! Die Einfahrt in den schalen Kanal konnten wir noch nicht sehen, aber wir fuhren genau nach Karte. Ein paar hundert Meter vor der eingezeichneten Einfahrt ging es los… Die Wellen waren nicht hoch, ca. 1,5 Meter, aber sie brachen sich schon früh wegen des sehr flachen Wassers. In den Wellentälern hatten wir keinen halben Meter Wasser mehr unter den Kielen. Wir fuhren genau vor den Wellen her, surften auf ihnen, brechende Wellen schwappten so gerade ein wenig ins Cockpit. Tierisch laut war es und sehr spannend, ob wir irgendwann auf Grund laufen würden. Die Kiele sind stabil und hätten das sicherlich mitgemacht, aber ich hatte um das Ruder und den Propeller, der sich ja auch noch kräftig drehte, Angst.
Wir hatten immer noch ca. 100 Meter bis zur Einfahrt, als mich der Mut verließ, ich das Ruder herumwarf und wieder zurückfuhr. Diesmal nicht genau rechtwinklig zu den Wellen, sondern in einem spitzen Winkel, sodass wir die brechenden Wellen nicht mit der vollen Breitseite, sondern schräg erwischten. Es kam schon etwas Wasser über, aber nicht so wahnsinnig viel. Und dann wieder gucken auf den Tiefenmesser. Ständig Tiefenalarm und teoretische, aber nicht gefühlte Grundberührung.
Dann war es aber nach einigen sehr langen Minuten doch vorbei. Wir waren wieder in Sicherheit und machten uns schnell vom Acker, weiter in Richtung Süden, der Stadt Paranaguá entgegen.
Eigentlich fand ich die Wellen prickelnd. Nur die Untiefen haben mir etwas Angst gemacht. Ich glaube, mit dem Wellenreiten habe ich einen kleinen Vorgeschmack auf den Südatlantik in der Nähe der Roaring Forties, wie die stürmische Gegend um den südlichen 40. Breitengrad auch heißt, bekommen.
In der Nacht wieder das Wechselbad. Mal recht guter Wind, mal nix… kennen wir ja. Zur Zeit stehen wir wieder da, haben die Segel geborgen und warten auf Wind. Unser Ziel ist, morgen vor Einbruch der Dunkelheit in Paranaguá zu sein. Das sind noch 50 Seemeilen. 13 Stunden motoren oder ein Mix aus Segeln und motoren. Wir werden sehen.
Und dann ist erst mal wieder etwas Stadtleben und Sightseeing angesagt. Ich werde so lange in der Stadt oder auf dem Ankerplatz bleiben, bis ein paar Tage Wind aus der richtigen Richtung für die Fahrt nach Florianopolis oder südlicher vorausgesagt wird. Dann gibt’s hoffentlich auch wieder ein paar Bilder. Leider nicht von unserm gestrigen Wellenritt. Da hatte ich keine Hand frei für den Fotoapparat.
Ganz herzlich grüßt der Stephan
Position am 10.5.2016 um 19:00 UTC 25° 16 S, 047° 47 W
1 Kommentar
Klaus Schröter
11. Mai 2016 um 6:06 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Hallo Stephan,
das liest sich diesmal aber sehr spannend. Wenn ich so zurück denke war dies das erste mal dass Du einen solchen Seegang hattest, oder?
Aber gehört doch auch irgendwie dazu.
Weiterhin eine gute Fahrt und natürlich immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.
Sommerliche Grüße aus Düsseldorf.
Klaus